Beta-Interferone

   

Interferon beta-1b (Betaferon)

Interferon beta-1b (Betaferon) gehört zur pharmakotherapeutischen Gruppe der Interferone, den natürlich vorkommenden Proteinen.

Dieses Präparat muß bei 2 bis 8 Grad Celsius gelagert werden, und das Einhalten einer Kühlkette ist erforderlich. Es gibt mittlerweile auch die Möglichkeit Betaferon ohne Kühlung aufzubewahren. Es ist ratsam, dies mit dem Arzt bzw. Apotheker abzuklären.

Die subkutane Applikation (8 Mio. I.E.) kann vom Patienten selbst durchgeführt werden und muß jeden zweiten Tag erfolgen.

Eine große klinische Studie zeigte, daß Betaferon die Schubrate von Patienten mit Multipler Sklerose gegenüber der Plazebogruppe um ein Drittel absenkte. Die Anzahl schwerer und mittelschwerer Schübe wurde um die Hälfte vermindert. Außerdem dauerte es bei Patienten unter einer Betaferon-Therapie länger, bis der erste Schub nach Studienbeginn auftrat, und im Schnitt waren mehr Patienten über zwei bis drei Jahre schubfrei. Diese Patienten mußten weniger Zeit im Krankenhaus verbringen und es wurde weniger Kortison (Glucocorticoide) benötigt. Die kernspintomographischen Untersuchungen ergaben für die Plazebogruppe eine stetige Zunahme der Gesamtläsionsfläche, während unter Betaferon nach 2 und 3 Jahren eine leichte Reduktion und bis zum 5. Jahr ein stabiler Befund nachgewiesen wurde.

Als Nebenwirkungen der Betaferon-Behandlung wurden von 85% der Patienten lokale Reaktionen an der Injektionsstelle angegeben (37% in der Plazebogruppe), und 5% zeigten Nekrosen an der Injektionsstelle. Über grippeähnliche Symptome klagten zu Beginn der Therapie 52% der Patienten.


Interferon beta-1a (Avonex)

Interferon beta-1a (Avonex) ist in seiner Struktur mit dem natürlichen menschlichen Interferon beta identisch. Avonex kann bei Zimmertemperatur aufbewahrt werden.
Die übliche Dosis beträgt 6 Mio. I.E., die einmal pro Woche intramuskulär verabreicht werden muß.

Nach einer großen klinischen Studie zeigt Avonex einen signifikanten Einfluß auf das Fortschreiten der Behinderung und auf die Schubrate. Allerdings war die Zahl schubfreier Patienten und die Zeit bis zum ersten Schub unter Therapie nicht signifikant gegenüber der Plazebogruppe verändert.
Im Magnetresonanztomogramm zeigte sich, daß unter Avonex die Anzahl und das Volumen der gadoliniumanreichernden Läsionen signifikant abnahm, nicht jedoch das Gesamtläsionsvolumen. Durch die Verwendung von Gadolinium-Kontrastmittel bei der Magnetresonanztomographie können neue oder sich vergrößernde Läsionen dargestellt werden.

Die hauptsächlichen Nebenwirkungen sind grippeähnliche Symptome,die bei 61% der Patienten unter Avonex nachgewiesen wurden (40% in der Plazebogruppe). Reaktionen an der Injektionsstelle waren mit 9% in beiden Behandlungsgruppen bei der intramuskulären Injektion deutlich geringer als nach subkutaner Injektion. Nekrosen an der Einstichstelle traten nicht auf.


Interferon beta-1a (Rebif)

Interferon beta-1a (Rebif) ist in seiner Struktur mit dem natürlichen menschlichen Interferon-beta identisch. Rebif muß bei 2 bis 8 Grad Celsius aufbewahrt werden, die Einhaltung einer Kühlkette ist jedoch nicht erforderlich.
Die subkutane Applikation kann vom Patienten selbst durchgeführt werden und muß jeden zweiten Tag erfolgen.

Eine große klinische Studie ergab, daß Rebif die Schubrate der Patienten signifikant gegenüber der Plazebogruppe reduziert, den Anteil schubfreier Patienten erhöht und die Zeit bis zum ersten Schub verlängert. Unter der Therapie mit Rebif wurde außerdem die Progression der Behinderung der Patienten signifikant verzögert.
Im Magnetresonanztomogramm zeigte sich, daß durch die Behandlung mit Rebif die Anzahl der aktiven Läsionen sowie die Gesamtläsionslast reduziert werden konnte. Die mit Rebif behandelten Patienten mußten weniger Zeit im Krankenhaus verbringen und weniger Kortison (Glucocorticoide) anwenden.

Als Nebenwirkungen wurden von 66% der Patienten unter Rebif Reaktionen an der Injektionsstelle genannt (15% in der Plazebogruppe). 70% dieser Patienten klagten über Kopfschmerzen (63% in der Plazebogruppe), und 59% der Patienten nannten grippeähnliche Symptome (51% Plazebogruppe) als unerwünschte Ereignisse.


Sind Antikörper gegen Interferon beta klinisch relevant?

Im menschlichen Serum können Antikörper gegen Beta-Interferon nachgewiesen werden, die auch als neutralisierende Antikörper (NAK) bezeichnet werden. Ob neutralisierende Antikörper zu einer Verminderung der Wirksamkeit von Interferon beta bei Multiple-Sklerose-Patienten führt, ist unklar. Manche Patienten verschlechtern sich klinisch, obwohl sie keine Antikörper gegen Interferon beta produzieren; andere weisen frühzeitig hohe Antikörper-Titer gegen Interferon beta auf, erscheinen jedoch klinisch stabil oder sogar gebessert.

Außerdem stehen derzeit verschiedene Nachweismethoden zur Bestimmung der Interferon-Antikörper zur Verfügung, die jedoch bisher noch nicht miteinander verglichen wurden.
Die Ergebnisse klinischer Studien geben möglicherweise erste Hinweise, daß im Serum nachweisbare Antikörper tatsächlich die Beta-Interferon-Wirkung neutralisieren können.

So waren bei 38% der Patienten am Ende des 3. Behandlungsjahres mit Betaferon neutralisierende Antikörper gegen Interferon beta-1b nachweisbar. Diese waren assoziiert mit einer höheren Schubrate, während die Schubrate bei Patienten ohne neutralisierende Antikörper bei nahezu um 50% verringert wurde.

Bei 23% der Patienten, die zwei Jahre mit Avonex behandelt wurden, traten ebenfalls neutralisierende Antikörper auf. Auch diese Patienten hatten wieder mehr Schübe.


Beta-Interferone bei sekundär progredienter MS

In den vergangenen Jahren haben sich in der Therapie bei Multipler Sklerose wesentliche Fortschritte ergeben. Entscheidend hat dazu die Einführung des ersten rekombinanten Beta-Interferons-1b (Betaferon) für die Therapie bei schubförmig remittierender MS beigetragen.
Das war 1993 in den USA, 1996 dann in Deutschland. Mit der subkutanen Injektion wird im Vergleich zu Placebo die Schubhäufigkeit um etwa ein Drittel verringert und der Schweregrad der Schübe gemindert.

In Kernspinuntersuchungen wurde außerdem nach drei Jahren nachgewiesen, daß unter Placebo die Läsionsfläche im Gehirn um 20 Prozent zugenommen hatte.
Mit Verum war sie hingegen unverändert.
Nach der Einführung von Beta-Interferon-1b folgten bald zwei weitere Präparate:
Beta-Interferon-1a (Avonex und Rebif).

Trotz produktionsbedingter molekularer Unterschiede zwischen dem Beta-Interferon-1b und den Beta-Interferon 1a-Präparaten ist nach Meinung von Experten die pharmakologische und klinische Wirksamkeit aller drei Produkte sehr ähnlich. Denn auch mit den Beta-Intereronen Avonex und Rebif Präparaten wurde in Studien die Schubrate bei MS-Patienten um 30 Prozent verringert.
Auch die Krankheitsprogression, das heißt die Zunahme des Behinderungsgrades, wurde gebremst.
Seit eineinhalb Jahr haben sich nun auch für Patienten mit sekundär chronisch progredienter Erkrankung Hoffnungen auf eine bessere Therapie ergeben. Denn inzwischen wurde in zwei Beta-Interferon-Studien - zunächst mit Beta- Interferon-1b (Betaferon), dann auch mit Beta-Interferon-1a (Rebif) - nachgewiesen, daß damit auch der sekundär progrediente MS-Verlauf gebremst und die Schubrate verringert werden kann.

Das ist ein großer Fortschritt, da bei etwa 80 Prozent der Patienten, die eine schubförmige MS haben, die Erkrankung irgendwann in einen progredienten Verlauf übergeht.

In der Studie mit Betaferon verzögerte die Therapie die Zeit bis zur Krankheitsprogression zum Beispiel um neun bis zwölf Monate. Die Studie wurde wegen der deutlichen Therapievorteile sogar vorzeitig abgebrochen.
Aufgrund der Daten ist das Präparat seit Februar 1999 auch zur Therapie bei sekundär progredienter MS zugelassen. Die empfohlene Dosis ist wie bei schubförmig remittierender MS: 250 Mikrogramm (acht Mio IU) subkutan jeden zweiten Tag.

In der Studie mit Rebif (SPECTRIMS-Studie) wurde mit der hohen Dosis von dreimal wöchentlich 44 Mikrogramm im Vergleich zu dreimal wöchentlich 22 Mikrogramm Beta-Interferon-1a oder Placebo das Fortschreiten der Behinderung gebremst.
Besonders die schwer erkrankten Patienten und Frauen profitierten deutlich von der Behandlung. Empfohlene Dosis: dreimal wöchentlich 22 oder besser - dafür sprechen die neuen Studiendaten - 44 Mikrogramm subkutan.
Eine Phase-III-Studie mit Avonex bei sekundär progredienter MS läuft derzeit noch. Als Dosis bei schubförmig remittierender MS wird bei diesem Beta-Interferon-1a-Präparat empfohlen: einmal wöchentlich 30 Mikrogramm intramuskulär.


Quellenangabe:
Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (www.dmsg.de)
NetDoktor (www.netdoktor.de)


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